Mein Selbstverständnis als wissenschaftlicher und philosophischer Autor  

(23.05.2020 / 26.07.11)

        

 

 

1) Motto: Wahrheit

Mein Arbeits-Motto ist ganz einfach: „einfach nur die Wahrheit“ (frei nach Oscar Wilde).  Man mag einwenden: Das ist doch selbstverständlich für einen Philosophen oder Wissenschaftler, dass er nur nach der Erkenntnis der Wahrheit strebt. In der Realität sieht das aber anders aus. Es gibt viele mögliche andere Motive:


-        Geltungssucht, Narzissmus, Eitelkeit

-        Konkurrenz, andere übertreffen und runtermachen

-        Neid, Missgunst, Boshaftigkeit, Intrigen

-        Ausgrenzung sogenannter Außenseiter oder Quereinsteiger

-        Pflege der eigenen Clique

-        Geldgier, Aufträge ergattern, abkassieren

-        Bestätigung einer Ideologie

-        Abwehr gegen irrationale Ängste

-        Suchzwang

 

Natürlich finden sich viele idealistische Philosophen oder Wissenschaftler, denen es primär um Erkenntnis geht. Bei allen spielen jedoch auch unbewusste Motive und kognitive wie emotionale Strukturen eine Rolle. Und es gibt  andererseits Philosophen oder Wissenschaftler, die ganz bewusst und skrupellos ihren egoistischen oder gar betrügerischen Motiven folgen, für die Wahrheit bedeutungslos ist, überspitzt nur ein "Kollateralschaden" .

Wo ordne ich mich hier ein? Obwohl bei mir das Motiv „Wahrheit“ eindeutig im Vordergrund der Arbeit steht, kann ich mich natürlich auch nicht automatisch von anderen Motiven freisprechen. Aber wenn man über diese psychologischen Zusammenhänge Bescheid weiß, solche Motive kennt, vor allem auch therapeutische Selbsterfahrung besitzt, dann kann man diese Motive unter Kontrolle halten, verhindern, dass sie stärkeren Einfluss auf die eigene wissenschaftliche Arbeit gewinnen.

Wenn man dagegen, wie viele Wissenschaftler, psychologisch blind ist, dann folgt man häufig unbewusst solchen irrationalen Motiven, auch wenn man sich der Illusion hingibt, nur der hehren Wahrheit verpflichtet zu sein.

 

 

2) Finden statt suchen

Viele Wissenschaftler, vor allem Theoretiker, wollen gar nicht wirklich Lösungen für wissenschaftliche Probleme finden: denn der Weg ist für sie das Ziel. Sie wollen suchen, weitersuchen, das ist für sie das Spannende, sie wollen unterwegs sein, nicht ankommen. Wenn man eine Lösung finden würde, wäre das Spiel ja zu Ende.

Meine Arbeit ist dagegen lösungsorientiert. D. h. keineswegs, dass ich vorschnell eine Theorie zur Wahrheit erkläre und Alternativen ausklammere. Natürlich sind Ergebnisse in gewissem Ausmaß immer provisorisch, und man muss bereit sein, sie ggf. zu modifizieren oder sie zu falsifizieren. Aber man muss sich aber auch einmal auf eine Lösung festlegen, wenigstens eine Lösung favorisieren; es hat keinen Sinn, immer mit vielen Alternativen gleichzeitig zu arbeiten. Man muss auch bereit sein zu finden, einen Bereich als vorläufig abgeschlossen zu bestimmen.

 

 

3) Ganzheit

Ein wesentlicher, ja der zentrale Fokus meiner Arbeit ist Ganzheitlichkeit. Nun wird der Begriff der Ganzheit oder Ganzheitlichkeit seit Jahren inflationär gebraucht, dazu oft in einer unscharfen, verschwommenen Weise. Andererseits arbeiten viele Wissenschaftler noch immer sehr atomistisch, auf einzelne Faktoren begrenzt, ohne Blick für das Ganze.

Pointiert: Die Welt der Wissenschaft ist beherrscht von Fachidioten und Superspezialisten. Vielleicht kennen Sie die schöne Definition eines Spezialisten: „Ein Spezialist ist jemand, der immer mehr über immer weniger weiß, bis er schließlich alles über nichts weiß.“

Mein Ansatz von Ganzheit basiert überwiegend auf System-Theorie und Polaritäts-Theorie. Er  gipfelt in dem Modell der Meta-Ganzheit. Das Thema ist aber so wichtig, dass ich es später gesondert behandeln werde.

Den Begriff „integral“ für eine ganzheitliche Sichtweise habe ich schon vor vielen Jahren sorgfältig ausgewählt. Später stellte ich dann fest, dass auch Ken Wilber seinen Ansatz „integral“ nennt. Weil ich aber keinen geeigneten Ersatz fand, bin ich bei dem Terminus„integral“ geblieben. Wenn „integral“ auch nicht so häufig verwendet wird wie „ganzheitlich“ oder „integriert“, kann es doch kein Autor für sich allein beanspruchen.

 

 

4) Systematik

Mit der Ganzheit verbunden ist die Systematik. Ein Roman braucht keine Systematik (wenn auch eine gewisse Ordnung), aber ein Sachbuch sollte m. E. systematisch sein. Zwar gibt es auch amüsante Sachbücher, die feuilletonistisch von einem Thema zum nächsten springen, wie beim Surfen im Internet. Aber letztlich lernt man aus so einem Buch fast nichts, man kann den Inhalt kaum wiedergeben  und abspeichern. Wenn ein Buch dagegen (über mehrere Ebenen) in Kategorien und Unterkategorien untergliedert ist, kann man den Stoff viel eher lernen und behalten.

Dabei müssen eine inhaltliche Systematik und visuelle Übersichtlichkeit zusammenkommen. Ich habe mich in meinen Büchern stets um Systematik bemüht. Sicher kann man die Systematik nicht immer ganz konsequent durchziehen, eine zu strikte Systematik mildert das Lesevergnügen, und von daher wollen die Verlage normalerweise kein hoch systematisches Buch, allenfalls bei reinen Fachbüchern wird das akzeptiert.

 

 

5) Klarheit

Man muss nicht alles klar und deutlich sagen. Ein Gedicht gewinnt womöglich seinen poetischen Reiz gerade durch eine vage, vieldeutige Sprache. Und überhaupt gibt es sicher Zugänge zur Realität, z. B. mystische, die trans-verbal oder non-verbal sind, also überhaupt jenseits der Sprache stehen. Aber für Wissenschaft und Philosophie muss man m. E. fordern, dass sie klar und verständlich dargestellt werden. Was natürlich heißt, dass sie simpel sein müssen, und natürlich kann nicht alles für alle verständlich sein.  

Aber es gibt einen Kult der Unverständlichkeit, eine Arroganz der Sprachvernebelung, die nur kaschieren, dass man selbst nicht wirklich verstanden hat, wovon man schreibt; und womit man sich außerdem einer Falsifizierung zu entziehen versucht. Ich bemühe mich dagegen, in Tradition der Analytischen Philosophie, meine Aussagen deutlich und präzise zu formulieren, auch wenn sie dadurch angreifbarer sind.

 

 

6) Selbstbewusstsein

Ich neige eigentlich von meiner Grundeinstellung eher zur Bescheidenheit, d. h. die eigenen Ideen und Schriften nicht zu überschätzen, immer deren Relativität und Begrenztheit miteinzudenken („ich weiß nur, dass ich nichts weiß“). Und ich habe durchaus Hochachtung für die Erkenntnisse und Publikationen anderer Autoren.

Andererseits muss ich jedoch ehrlicherweise zugeben: Viele der (populär)wissenschaftlichen und  philosophischen Publikationen von heute halte ich für unzureichend, inhaltlich wie formal. Sie sind einseitig, ohne Blick für das Ganze, dazu meist unsystematisch und unverständlich geschrieben, wenn vielleicht auch mit einigen launigen Anekdoten aufgepeppt. Das hindert diese Autoren aber nicht, ihre limitierten Erkenntnisse als „letzte Wahrheiten“ anzupreisen.

Es gibt in unserer Zeit einen Kult der Unbescheidenheit. Getreu den Marketinggesetzen einer Marktwirtschaft erzielt oft derjenige die größte Anerkennung und den größten Erfolg, der seine „Erkenntnisse“ am lautesten verkündet, der sich am besten vermarktet.

Zwar liegt es mir nicht, mich in den Chor dieser Schreihälse einzureihen, aber ich will mein Licht auch nicht unter den Scheffel stellen, sondern selbstbewusst meine Theorien und meine Publikationen vertreten. So scheue ich mich nicht zu sagen, dass ich mein Ganzheits-Modell der Meta-Ganzheit für überlegen halte und bisher von keinem anderen Modell gelesen habe, welches ich überzeugender finde.